Boymann-Symposium am 18.04.2024 zu nachhaltiger Unternehmensführung mit hochkarätigen Rednern.
Wie schnell und stark die Anforderungen an nachhaltige Unternehmensführung steigen und mit welchen Strategien den dramatischen Folgen des Klimawandels begegnet werden kann, war Thema eines hochkarätig besetzten Symposiums am 18. April bei Firma Boymann in Glandorf. Unter dem Titel „Herausforderungen annehmen – sichtbar handeln!“ wurden zukunftsfähige Begrünungsstrategien als Baustein einer nachhaltigen Unternehmensführung diskutiert. Gastgeber Jens Boymann sprach in seiner Begrüßung vom „Faszinosum Pflanze“ und brachte seine Bewunderung für die Vielfältigkeit und Anpassungsfähigkeit von Pflanzen zum Ausdruck.
„Es wird Ernst“, machte André Schüller vom Vorstand der Sparkasse Osnabrück als erster Redner gleich zu Beginn deutlich. Schüller führte sachlich und unideologisch aus Sicht einer Bank aus, wie das Thema Nachhaltigkeit bei Kreditinstituten massiv an Bedeutung gewinnt, welche großen Herausforderungen auf die Wirtschaft zukommen, aber auch welche Chancen nachhaltige Unternehmensstrategien bieten. Schüller betonte, dass nachhaltiges Wirtschaften Unternehmen rentabler mache.
Nachhaltigkeit zukünftig Voraussetzung bei Kreditvergabe
Die steigenden Temperaturen stellen insbesondere Städte und ihre Bewohner vor erhebliche Herausforderungen. In urbanen Räumen wurden viel zu viele Grünflächen versiegelt und bebaut. In Verbindung mit dem Klimawandel führe dies zu verheerenden Effekten für das Klima in den Städten. Über die EU-Taxonomie, die CSRD-Berichtspflicht, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die 7. MaRisk-Novelle werde nun der Druck auf alle beteiligten Akteure zum Teil drastisch erhöht. Zukünftig würden klare Vorgaben gemacht und dem Thema Nachhaltigkeit eine zentrale Bedeutung bei der Kreditvergabe beigemessen. Nachhaltigkeit sei nicht mehr „nice to have“, sondern werde immer mehr zum MUSS bei der Kreditvergabe. Im Extremfall könnten Kundenbeziehungen von Kreditinstituten sogar gekündigt werden, warnte Schüller. Nachhaltigkeit müsse ganzheitlich im Unternehmen verankert, messbar gemacht und konsequent gelebt werden. Um Unternehmen auf diesem komplexen Gebiet zu unterstützen, bieten die Sparkassen umfassende Beratung und mit Nawisio auch eine entsprechende Nachhaltigkeitssoftware an.
Biodiversität als Wirtschaftsfaktor
Als zweite Rednerin trat Susann Mädler, Projektleiterin für Nachhaltigkeit/CSR bei der IHK Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim auf. Sie machte deutlich, welche erheblichen Anforderungen im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf die Unternehmen zukommen. Es gebe zwar ein Stufenmodell für die Einführung der Berichterstattungspflicht, doch nach Einschätzung vieler Experten sei zu befürchten, dass sich Schwellenwerte künftig nach unten entwickeln. Schon jetzt seien ab 2026 auch kleine und mittlere kapitalmarktorientierte Unternehmen betroffen.
Mädler empfiehlt deshalb den betroffenen Unternehmen, sich schnellstmöglich mit den Anforderungen zu befassen, weil diese zum Teil sehr aufwendig seien. Die zentrale Fragestellung jedes Unternehmens sollte sein, welchen Einfluss das Unternehmen auf die biologische Vielfalt habe – am eigenen Firmenstandort, im Rahmen der eigenen Geschäftstätigkeit, aber auch mit Blick auf vor- und nachgelagerte Wertschöpfungsketten.
Susann Mädler unterstützt Unternehmen darin, ihr häufig schon vorhandenes Engagement für Nachhaltigkeit zu vertiefen und die rechtlichen Anforderungen umzusetzen. Ihr Fokus liegt auf praktischen Ansätzen, die Unternehmen und Gesellschaft einen Mehrwert bieten.
„Verdunstung ist die einzige reale Kühlung.“
Wie durch Fassadenbegrünung Gebäude effektiv gekühlt und gleichzeitig Betriebs- und Investitionskosten erheblich gesenkt werden können, vermittelte nachhaltig Dipl.-Ing. Marco Schmidt vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Berlin. Im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums und der Berliner Senatsentwicklung entwickelt er alternative innovative Konzepte des ökologischen Bauens.
Von besonderem Interesse war die Begleitung der Begrünung des Bunkers St. Pauli durch Marco Schmidt. Beton und Asphalt beschleunigen durch ihre starke Erwärmung im Sommer die gefährliche Überhitzung der Städte. Auf St. Pauli zeigt der grüne Umbau des Bunkers, wie diese Hitzeeffekte auf innovative Art und Weise drastisch reduziert werden können. Das Hamburger Abendblatt spricht von einem „kleinen Hamburger Weltwunder“.
Anhand vieler beispielhafter Bauprojekte zeigte Schmidt in seinem Vortrag auf, wie insbesondere durch Fassadenbegrünung Gebäude gekühlt und Betriebskosten gesenkt werden können. Besonders auf die Verdunstungseffekte wies er hin: „Verdunstung ist die einzige reale Kühlung. Regenwasser wird durch Vertikalbegrünung nicht in die Kanalisation abgeleitet, sondern bildet die natürliche Quelle für Niederschläge. Ohne Strom werden damit Gebäude und Umgebung hervorragend gekühlt.“ Die Begrünung von Gebäuden führe zu einer Win-Win-Win-Win-Situation: Geringere Investitionskosten – geringere Betriebskosten – bessere Performance für das Gebäude – besser für die Umwelt.
„Pflanzt Bäume!“
Klaus Körber, Diplomingenieur der Fachrichtung Gartenbau an der Universität in Weihenstephan (Dipl. Ing. Agr. Univ.), seit 1987 im Bayerischen Staatsdienst, seit 1989 mit den Schwerpunkten Obstbau und Baumschulen an der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim, ist neben seiner umfangreichen Unterrichtstätigkeit an der Fach- und Technikerschule zuständig für den 10 Hektar großen Versuchsbetrieb „Stutel“ und ein gefragter Baum-Experte im In- und Ausland. Am Hitzestandort Stutel wurden seit 2010 auf knapp 3 Hektar über 350 verschiedene Baumarten und - sorten vergleichend gepflanzt um herauszufinden, welche Bäume und Sträucher in Zukunft bei zunehmender Hitze und Dürre durch den Klimawandel interessant sein könnten. Die so gewonnenen Erkenntnisse dienen den Baumschulen im In- und Ausland als Orientierungshilfe bei der Frage, welche Gehölze zukünftig kultiviert und angeboten werden sollten. Auch hier geht es zunehmend um ökologische Vielfalt, Biodiversität und Insektensterben. Eindrucksvoll und
lebendig stellte Körber die erheblichen Kühleffekte für urbane Zentren durch geeignete Begrünungsstrategien dar und appellierte an die Fachleute, in Zukunft nicht nur an heimische Arten zu denken. Der KIRI-Baum beispielsweise sei der am schnellsten wachsende Baum Europas und als „Klimabaum“ gegenüber Pappel, Buche oder Eiche klar im Vorteil. Ebenso wie Marco Schmidt machte Körber deutlich, dass das Pflanzen von Bäumen im Zuge des Klimawandels überlebenswichtig vor allem für Menschen in den Städten sei.
Boymann plant regelmäßigen Wissenstransfer
Gastgeber Henrik Boymann bedankte sich bei den Referenten für ihre fachlich exzellenten Beiträge. Beim anschließenden Zusammensein herrschte einhellig die Meinung vor, dass diese Art des Wissenstransfers zukünftig regelmäßig stattfinden sollte.